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Und wie lief’s mit Mino?

Seitdem ich Jacobs Weg veröffentlicht habe, werde ich immer wieder von Lesern gefragt, ob ich nicht eine Fortsetzung darüber schreiben möchte, wie Jacobs Geschichte hier in Hamburg weiterging. Und vor allem: Wie es mit meinem Kater Mino und Jacob gelaufen ist. Da ich für eine Fortsetzung leider in der näheren Zukunft keine Zeit haben werde, möchte ich doch zumindest für alle Neugierigen erzählen, wie Jacob und Mino zueinandergefunden haben.

Im Buch habe ich ja schon beschrieben, dass diese Frage für mich eine der schwierigsten war, bevor Jacob in seinem neuen Zuhause ankam. Dass Jacob mit Katzen keine Probleme hatte, wusste ich schon, weil er zweimal in Indien Katzen interessiert und anscheinend völlig ohne Jagdlust begegnet war. Aber Mino? Er hatte – soweit ich das wusste – nie Hundebekanntschaften gemacht. Und anderen Katzen gegenüber war er nie sonderlich mutig aufgetreten, sondern hatte ihnen lieber das Terrain überlassen. Was würde also geschehen, wenn der Wirbelwind Jacob durch die Wohnung fegte? Auf jeden Fall musste von Anfang an klar sein, wer hier das Sagen hat. Erstmal ich (darüber würde Mino natürlich nur müde grinsen…). Dann der Kater, weil er ältere Rechte hat – und Jacob würde sich mit der unteren Etage begnügen müssen.

Aber wie die beiden zusammenbringen ohne Kratz- und Bisswunden und allzu viel Krach? Nach einigen Diskussionen mit Freunden entschied ich mich für folgendes Verfahren: Als Jacob zum ersten Mal in die Wohnung kam, ganz frisch aus dem Flieger nach Frankfurt und vierstündiger Autofahrt, wurde er gleich ins Wohnzimmer geführt und am Sofa angebunden. Hier warteten schon sein kuscheliges neues Bett (so etwas kannte er natürlich nicht und nahm es sofort mit Begeisterung in Besitz), Essen und Trinken. Also der pure Luxus. Und da er ja in seinem Boarding Home in Indien vier Monate angebunden war – an einer kurzen Kette im Schutt oder in einer winzigen Einzelzelle – fand ich es für ihn auch zumutbar. Er konnte sich in einem Radius von zwei Metern bewegen – und der Kater sich natürlich wie gewohnt frei in Wohnung und Garten (es war ja Ende Mai). Mino konnte so entscheiden, wie weit und wann er sich Jacob nähern wollte.

Der frisch eingebürgerte Hund sollte aber selbstverständlich nicht allein bleiben müssen. Ich hatte mir ausreichend Urlaub genommen, war immer bei ihm und schlief auch in den ersten Nächten im Wohnzimmer. Was ich nicht erwartet hatte: Schon in der ersten Nacht schlich Mino um Jacob herum und schnupperte sogar ganz vorsichtig an ihm. Und Jacob fand Mino sofort richtig klasse. Er hätte ihn wohl recht gern ausführlich beschnuppert und bestürmt – aber das wäre natürlich keine allzu gute Idee gewesen.

So vergingen die ersten Tage nach Jacobs Ankunft. Im Garten durfte er an einer langen Leine deutsches Grün bewundern. Und natürlich machten wir unsere ersten Spaziergänge in Parks und am Elbstrand. Übrigens lief alles viel lockerer als erwartet und befürchtet: Straßen- und Strandhunde aus anderen Weltgegenden sind meistens sehr unsicher, kleben an ihren Menschen, verstehen nicht, was wir mit „stubenrein“ meinen und können lange Zeit gar nicht allein sein.

Nö. Jacob erwies sich sofort als Freigeist und Forscher, der sich äußerst gern ein paar hundert Meter von mir entfernt die Welt anschaut. Zu meiner allergrößten Sorge, versteht sich! Ich fing auch sofort an, ihn zu Hause für kurze Zeit allein zu lassen. Erst nur Minuten, dann immer länger. Klar, er freute sich ein Loch in den Bauch, wenn ich nach fünf Minuten wieder vor ihm stand. Aber er ertrug das Alleinsein ohne Jaulen oder Bellen. Glücklicherweise. Ach, und stubenrein war der Kleine vom ersten Tag an.

Aber zurück zu Mino. Einige Tage bevorzugte er Schlafplätze außerhalb von Jacobs Reichweite, er blieb aber meistens bei uns im Wohnzimmer und wirkte dabei recht entspannt. Natürlich verbrachte ich auch viel Zeit mit ihm unter vier Augen, damit er gar nicht auf den Gedanken kam, von nun an bei mir abgemeldet zu sein. Dann musste Jacob – auch wenn es ihm nicht gefiel – mal ertragen, nur meine Stimme aus einem Nebenraum oder dem Garten zu hören. So lebten wir vier oder fünf Tage miteinander. Und Sie können sich bestimmt vorstellen, wie es mir ging nach den wohl stressigsten fünf Monaten meines Lebens – nachdem am Ende alles so gut verlaufen war, viel, viel besser und problemloser als erwartet und befürchtet! Ich schwebte wie auf einer Wolke der Leichtigkeit  durch die Gegend.

Eines schönes Tages spökerte Jacob zum ersten Mal unangeleint durch den Garten, weil Mino gerade geschäftlich unterwegs war. Ich schaute ihm dabei zu, da kam der Kater plötzlich über den Zaun gesprungen, ignorierte das Hundetier demonstrativ und setzte sich unter die Gartenbank. Sehr langsam, offensichtlich voller Respekt, näherte sich Jacob, bis beide vorsichtig aneinander schnüffelten. Ich mischte mich nicht ein – denn offensichtlich bestand keine Gefahr. Von diesem Moment an durfte Jacob sich ohne Leine überall bewegen. Und ich konnte endlich wieder in meinem Bett schlafen!. Dass Hunde unbedingt bei ihren Menschen schlafen wollen, stellte sich übrigens als Gerücht heraus – denn Jacob schläft bis heute (abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen) im Wohnzimmer. Vielleicht weil seine Ecke mit seinem Kissen der erste Platz ist, der wirklich ihm gehört?

Kleine Übergriffe zwischen Katz und Hund gibt es natürlich hin und wieder. Mino haut Jacob gern mal – ohne ersichtlichen Grund – auf die Nase. Aber immer, ohne die Krallen auszufahren. Da hat Jacob eindeutig mehr Glück als ich, denn Mino kennt keine Bedenken, mich zu kratzen, wenn er gerade not amused ist… Und Jacob jagt den Kater auch mal durch die Gegend, wobei ich nicht weiß, ob Mino ihm nicht vorher den Stinkefinger (bzw. -kralle) gezeigt hat. Manchmal ist es hinreißend zu beobachten, wie die beiden versuchen, miteinander zu spielen oder irgendwie zu kommunizieren. Es ist schon so, wie man oft lesen kann: Die Signale der beiden sind eben sehr unterschiedlich – und immer wieder scheitern sie in ihrem Versuch, miteinander ins Gespräch zu kommen. Oft scheinen wohl beide übereinander zu denken: Du bist echt schräg!

Aber sehr einig sind sie sich, wenn es darum geht, es sich gemütlich zu machen. Jacob darf nämlich aufs Sofa, wenn ich sein Kissen darauf platziere – ein nicht ganz uneigennütziger Kompromiss, weil ich es doch so gemütlich finde. Und hier schlafen Katz und Hund oft aneinander gekuschelt und sehr friedlich. Wer hätte gedacht, dass eine Kater-Hund-Mensch-WG so reibungslos funktioniert. Nur wenn Jacobs bester Freund Swarley zu Besuch ist und die beiden durch die Bude toben, zieht sich Mino genervt zurück und scheint sich seine ganz eigenen Gedanken über die Spezies Hund zu machen.

Jacob, Mino und Tom
Jacob und Mino